Anwendungsbezogene empirische Arbeiten zum Themenheft “Angst”
Elke Voss, Mike Martin und Anne-Katrin Stegmann:
Der Zusammenhang zwischen Angststörungen und belastenden Lebensereignissen bei älteren Menschen (Abstract) (PDF)
Angststörungen bei älteren Menschen sind ein großes - und wachsendes - Problem für die therapeutische Versorgung. Für die Behandlung von Angststörungen im Alter sind zum einen Prognosen über den zukünftigen therapeutischen Handlungsbedarf erforderlich. Zum anderen fehlen bislang ausreichende Kenntnisse über die Ursachen der Entstehung und der Aufrechterhaltung von Angststörungen im Erwachsenenalter. Die vorliegende Arbeit mit 446 Probanden der »Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters (ILSE)« im mittleren Alter untersuchte daher die Bedeutung von aversiven, d. h. belastenden aktuellen und früheren Lebensereignissen als Risikofaktoren für das (Wieder-)Auftreten von Angststörungen. Die Auswertung der Lebenszeitprävalenz (Krankheitshäufigkeit während des ganzen Lebens) der Probanden zeigt, dass 13 % manifest und 7,9 % subsyndromal (geringer ausgeprägt) unter einer Angststörung leiden. Die einfache Phobie, die Agoraphobie (Platzangst) und die Panikstörungen waren die häufigsten Störungen. Risikofaktoren für die Entwicklung einer Angststörung sind einerseits spezifische Kindheitsbelastungen und andererseits Belastungen durch aktuelle Stress-Ereignisse im beruflichen, gesundheitlichen und partnerschaftlichen Bereich. Auswirkungen dieser Erkenntnisse für den therapeutischen Umgang mit Angststörungen im Alter werden diskutiert.
Reinhard J. Boerner:
Pathologische Angstformen im Alter - eine vergessene Störung; diagnostische Zugänge, medikamentöse und psychotherapeutische Behandlungsansätze (Abstract) (PDF)
Angststörungen im höheren Lebensalter werden selten erkannt, obwohl die Prävalenz dieser Störungen mit bis zu 10 % geschätzt wird. Der Nichterkennungsprozess hängt von sozialrelevanten Beurteilungen über das Phänomen der Angst speziell älterer Menschen zusammen. Erst nach Klärung der diagnostischen und sozialen Dimension des Begriffs der Angst können Patienten und Ärzte stärker dafür sesibilisiert werden, was unter klinischen Angstformen im höheren Lebensalter zu verstehen ist.
Studien zeigen, dass die Psychopharmakotherapie in der Lage ist, unterschiedliche Angsterkrankungen sehr wirksam zu behandeln. Für die kognitive Verhaltenstherapie aber auch für andere psychotherapeutische Verfahren wurde die Wirksamkeit in neueren Studien ebenfalls belegt.
The relationship between anxiety disorders and stressful life events in older people (English Abstract).
Anxiety disorders in the elderly are a major - and growing - problem for therapeutic care. For the treatment of anxiety disorders in the elderly, on the one hand, prognoses about the future need for therapeutic action are required. On the other hand, sufficient knowledge about the causes of the development and maintenance of anxiety disorders in adulthood is lacking so far. The present study with 446 subjects of the "Interdisciplinary Longitudinal Study of Adulthood (ILSE)" in middle age therefore investigated the significance of aversive, i.e. stressful current and past life events as risk factors for the (re)occurrence of anxiety disorders. The evaluation of the lifetime prevalence (frequency of illness throughout life) of the subjects shows that 13% suffer manifestly and 7.9% subsyndromally (less pronounced) from an anxiety disorder. Simple phobia, agoraphobia (claustrophobia), and panic disorders were the most common disorders. Risk factors for the development of an anxiety disorder are, on the one hand, specific childhood stresses and, on the other hand, stresses caused by current stressful events in the professional, health and partnership fields. Implications of these findings for the therapeutic management of anxiety disorders in old age are discussed.
Pathological anxiety in old age - a forgotten disorder; diagnostic approaches, drug and psychotherapeutic treatment approaches (English Abstract)
Anxiety disorders in older age are rarely recognized, although the prevalence of these disorders is estimated to be up to 10%. The non-recognition process is related to socially relevant judgments about the phenomenon of anxiety specifically in the elderly. Only after clarifying the diagnostic and social dimensions of the concept of anxiety can patients and clinicians be more sesibilized to what is meant by clinical forms of anxiety in older age. Studies show that psychopharmacotherapy is able to treat different anxiety disorders very effectively. For cognitive behavioral therapy but also for other psychotherapeutic methods, the effectiveness has also been demonstrated in recent studies.