Erinnerungspflege zum Themenheft
“Erinnern”

Dorothea Muthesius und Jan-Peter Sonntag:

Erinnerung haben oder sein? Menschen mit Demenz - Menschen mit Musik (Abstract) (PDF)

Ausgehend von psychologisch orientierten Konzepten zum Umgang mit demenziell erkrankten Menschen wird das Vorgehen der Musiktherapie als Form des psychotherapeutischen Handelns und Verstehens beschrieben. Im Zentrum der Ausführungen steht ein ausführlich analysiertes Fallbeispiel. Hier werden sowohl individuell-biographische als auch kollektiv-soziale Perspektiven des Erinnerns sowie die Vielschichtigkeit des interaktiven musiktherapeutischen Prozesses aufgezeigt. Dabei geht es um den (musik-)therapeutischen Umgang mit regressiven (frühkindlichen) Verhaltensweisen, insbesondere wenn es zu psychischer oder psychomotorischer Erregung kommt. Körperliche Phänomene gehören zur Biographie, wenn in ihnen vorsprachliche Erfahrungen und Erinnerungen der frühen Kindheit zum Ausdruck kommen. Da sich Menschen mit Demenz häufig mit ihren Erinnerungen so identifizieren, dass sie die äußere Realität dem inneren Erleben unterordnen, wird die Frage nach der psychischen Gleichzeitigkeit von Vergangenheit und Gegenwart erörtert.

Barbara Narr:

Kunst als Ort der Erinnerung - Beispiele aus der Kunsttherapie mit Pflegeheimbewohnern (Abstract) (PDF)

Kunst ermöglicht es, Erinnerungen aus dem Vergessen wieder auftauchen zu lassen, sie sichtbar zu machen und im künstlerischen Prozess zu bearbeiten. Dies gilt sowohl für Erinnerungen an konkrete Ereignisse und Situationen als auch für unbewusste, im Körper gespeicherte Erfahrung. Bei der Arbeit in Pflegeheimen bietet die künstlerische Auseinandersetzung mit der Erinnerung zudem die Möglichkeit, biographische Ereignisse zu würdigen und für intergenerative Projekte zu nutzen. In dieser Darstellung geht es um den analogen Prozess von Erinnern und Gestalten und um Beispiele, in denen aus der Erinnerungspflege Beziehungen erwachsen. Künstlerische Tätigkeit kann einen aufdeckenden Charakter haben, sie kann manchmal aber auch ein Schutz sein, wenn nicht mehr bearbeitbare traumatische Erfahrungen einen Menschen zu überwältigen drohen.

Pam Schweitzer im Gespräch mit Angelika Trilling:

Von der Nützlichkeit des Theaterspiels für das Leben im Alter (Abstract) (PDF)

Seit zehn Jahren besteht im Londoner Age Exchange Reminiscence Centre ein Seniorentheater, das zeitweise bis zu zwölf Personen zählende Laienensemble Good Companions. Es entwickelte unter der Regie von Pam Schweitzer aus eigenen Lebenserinnerungen zahlreiche Theaterstücke und trat bereits an vielen Orten Großbritaniens und des Kontinents auf.
   Pam Schweitzer erläutert ihre Erfahrungen mit der szenischen Bearbeitung von Erinnerungen, die Interaktion mit dem Publikum und die Einflüsse des Theaterspiels auf die Lebensgestaltung im Alter.

Alexander Link:

»Gastarbeiter« im Museum - Migranten erinnern sich (Abstract) (PDF)

Das Kasseler Stadtmuseum zeigte in den Jahren 2002/2003 eine Ausstellung über die Zuwanderung so genannter »Gastarbeiter« nach Westdeutschland. Die Ausstellung basierte auf den persönlichen Erinnerungen der Migranten. An diesem Beispiel werden die Chancen biographischer Ansätze für zeitgeschichtliche Museumsausstellungen erörtert. Der Beitrag befasst sich mit der identitätsstiftenden Ausstrahlung solcher Präsentationen. Beleuchtet wird zudem die Wirkung von Bildern und Gegenständen - als klassische Medien musealer Präsentation - auf Erinnerungsprozesse.

Iren Steiner:

Die Pflege der Erinnerungen - Perspektiven bürgerschaftlichen Engagements für Hochaltrige (Abstract) (PDF)

Erinnerungsbezogene Kommunikation und Begleitung werden als zentrales Instrument bürgerschaftlichen Engagements für demenziell Erkrankte dargestellt. Verdeutlicht wird, wie Erinnerungspflege in besonderer Weise der Motivation zur Freiwilligenarbeit entspricht und damit gleichzeitig einen Beitrag leistet zur Qualitätssicherung der Versorgung hochaltriger Menschen.

Having or being memory? People with Dementia - People with Music (English Abstract)

Based on psychologically oriented concepts for dealing with people suffering from dementia, the approach of music therapy as a form of psychotherapeutic action and understanding is described. At the center of the explanations is a case study that is analyzed in detail. Here, both individual-biographical and collective-social perspectives of remembering as well as the complexity of the interactive music-therapeutic process are shown. The focus is on the (music-)therapeutic handling of regressive (early childhood) behaviors, especially when psychological or psychomotor arousal occurs. Physical phenomena belong to biography if pre-linguistic experiences and memories of early childhood are expressed in them. Since people with dementia often identify with their memories in such a way that they subordinate external reality to internal experience, the question of the psychic simultaneity of past and present is discussed.

Art as a Place of Memory - Examples from Art Therapy with Nursing Home Residents (English Abstract)

Art makes it possible to let memories resurface from oblivion, to make them visible and to work on them in the artistic process. This applies to memories of concrete events and situations as well as to unconscious experience stored in the body. When working in nursing homes, the artistic examination of memory also offers the possibility of honoring biographical events and using them for intergenerational projects. This presentation is about the analogous process of remembering and creating, and about examples in which relationships grow out of memory care. Artistic activity can have a revealing character, but it can also sometimes be a protection when traumatic experiences that can no longer be processed threaten to overwhelm a person.

On the usefulness of theater for life in old age (English Abstract)

For ten years, the Age Exchange Reminiscence Centre in London has been running a theater for the elderly, the amateur ensemble Good Companions, which at times has numbered up to twelve people. Directed by Pam Schweitzer, it has developed numerous plays from her own memoirs and has performed in many places in the UK and on the continent.   Pam Schweitzer discusses her experiences with staging memoirs, interacting with audiences, and the influences of theatrical performance on shaping lives in old age.

"Guest Workers" in the Museum - Migrants Remember (English Abstract)

In 2002/2003, the Kassel City Museum presented an exhibition about the immigration of so-called "guest workers" to West Germany. The exhibition was based on the personal memories of the migrants. This example is used to discuss the chances of biographical approaches for contemporary history museum exhibitions. The article deals with the identity-forming charisma of such presentations. Furthermore, the effect of pictures and objects - as classical media of museum presentation - on memory processes is illuminated.

The care of memories - perspectives of civic engagement for the very old (English Abstract)

Memory-related communication and accompaniment are presented as a central instrument of civic engagement for dementia patients. It is shown how memory care is a special motivation for volunteering and at the same time contributes to the quality assurance of care for the very old.