Jürgen Reulecke:

Vom historischen Umgehen mit den großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts (Abstract) (PDF)

Die Geschichtswissenschaft hat bisher infolge ihrer Fixierung auf spektakuläre Kriegsereignisse und allgemeine gesellschaftliche Prozesse den generationenspezifischen langfristigen psychischen Folgen von Kriegs- und Katastrophenerfahrungen keine Aufmerksamkeit geschenkt. Erst seit kurzem ist das »mentale Gepäck« der betroffenen Menschen verstärkt in den Blick einer jüngeren Historikergeneration gekommen. In der erfahrungsgeschichtlich und psychohistorisch fundierten Biographik geht es um ein interdisziplinäres »Durcharbeiten« der individuellen und kollektiven katastrophischen Erfahrungen einschließlich deren Langzeitfolgen.

Gereon Heuft:

Traumatisierung im Lebenslauf und Trauma-Reaktivierung im Alter (Abstract) (PDF)

Die Folgen psychischer Traumata unterscheiden sich bei Erwachsenen grundlegend von Störungen mit einer psychodynamischen Konfliktentstehung oder mit einer verhaltenstherapeutisch erklärbaren Symptomentwicklung. Außerdem haben Traumata unterschiedliche Entstehungsgeschichten und sind dementsprechend zu unterscheiden. Klinisch ist zu beobachten, dass Erwachsene nicht unbedingt sofort eine posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) entwickeln. Unter Umständen erleiden sie erst mehrere Jahrzehnte nach dem Trauma durch den körperlichen Alterungsprozess eine Trauma-Reaktivierung. Dies führte zu der Hypothese, dass ein drohendes Ausgeliefertsein im Alter eine Trauma-Reaktivierung bewirken kann. Diese ist von einer Retraumatisiserung durch ein späteres (zweites) Trauma zu unterscheiden. Behandlungsaspekte bei traumabedingtem spätem Symptombeginn werden diskutiert.

Übersichten zum Themenheft “Traumatisierung”

On the historical handling of the great catastrophes of the 20th century (English Abstract)

Due to its fixation on spectacular war events and general social processes, historical scholarship has so far paid no attention to the generation-specific long-term psychological consequences of war and disaster experiences. Only recently has the "mental baggage" of the people affected come increasingly into the focus of a younger generation of historians. Experiential and psychohistorical biography is about an interdisciplinary "working through" of individual and collective catastrophic experiences, including their long-term consequences.


Traumatization in the life course and trauma reactivation in old age (English Abstract)

The consequences of psychological trauma in adults differ fundamentally from disorders with a psychodynamic conflict origin or with symptom development that can be explained by behavioral therapy. Moreover, traumas have different histories of origin and are to be distinguished accordingly. Clinically, it is observed that adults do not necessarily develop post-traumatic stress disorder (PTSD) immediately. They may not experience trauma reactivation until several decades after the trauma due to the physical aging process. This led to the hypothesis that threatened exposure in old age may cause trauma reactivation. This is to be distinguished from retraumatization due to a subsequent (second) trauma. Treatment aspects of trauma-related late symptom onset are discussed.