Fallzentrierte Arbeiten zum Themenheft
“Schmerz”

Felix Müller:

Klinische Aspekte der Schmerztherapie im Alter (Abstract)

Chronischer Schmerz ist ein vielschichtiges bio-psycho-soziales Problem. Dies gilt im Besonderen für Schmerzen bei älteren Menschen. Diese unterliegen vermehrt schmerzhaften Krankheiten, deren Ursachen oft nicht ausreichend bekämpft oder die nur unvollständig behandelt werden können. Ältere Menschen sind auch häufig besonderen psychosozialen Belastungen, Frustrationen und Ängsten ausgesetzt, die eine Chronifizierung von Schmerzen begünstigen. Nach der Beschreibung aktueller Vorstellungen zur Entstehung chronischer Schmerzen geht es um die Vermittlung klinisch brauchbarer und anschaulicher Konzepte. Dann werden häufige schmerzhafte Krankheiten im Alter beschrieben und vor allem die Störungen aufgeführt, welche erfahrungsgemäß ungenügend beachtet werden. Zum Abschluss werden dann die biologischen und psychosozialen Vorbedingungen für eine erfolgreiche Therapie chronischer Schmerzen genannt.

Bernadette Ruhwinkel:

Wenn es in der Beziehung schmerzt - Grenzen und Möglichkeiten von Paartherapie in der zweiten Lebenshälfte (Abstract)

Der Prozess des Älterwerdens verläuft derart unterschiedlich, dass es in Paarbeziehungen zu einer außerordentlich schwierigen Dynamik kommen kann, die psychische Schmerzen auslöst, wie Angst, starke Enttäuschungen und Verzweiflung. Eine Weiterentwicklung der Partner ist durch die Paardynamik oft blockiert. Die daraus resultierenden Schwierigkeiten können durch mögliche paartherapeutische Interventionen im Rahmen einer systemisch-integrativen stationären psychotherapeutischen Behandlung neue Entwicklungspotenziale freisetzen und eine erhebliche Stabilisierung der Gesamtsituation bewirken.

André Thali:

Ältere Menschen mit chronischen Schmerzen nach Unfallverletzungen - Das Ende der Erwerbstätigkeit? (Abstract)

Chronifizierte Schmerzen nach Unfällen sind oft mit langen Abwesenheiten am Arbeitsplatz verbunden, was zu dessen Verlust führen kann. Eine berufliche Wiedereingliederung ist besonders im fortgeschrittenen Alter schwierig. Depressive Symptome, Pessimismus/Resignation, Angst und psychophysische Erschöpfung verstärken zusätzlich die schmerzbedingten Leistungseinbußen. Insbesondere erschwert ist die Situation bei Migranten (geringes Bildungsniveau, Unterschichtzugehörigkeit mit Schwerarbeit). Neben psychotherapeutisch-supportiven Maßnahmen ist die Sicherung der Existenzgrundlage vordringlich. Gefragt ist ein interdisziplinärer Zugang mit zusätzlicher Klärung der finanziellen Situation unter Einbezug verschiedener Versicherungsträger (in der Schweiz die Unfall- und Krankenversicherungen sowie die Invaliden- und Arbeitslosenversicherung). Eine Frühpensionierung oder eine überbrückende (Teil-)Berentung ist häufig das Vorgehen der Wahl.

Johannes Kipp:

Psychogene Schmerzverstärkung im Alter - Körperschmerz und Seelenschmerz (Abstract)

Da im Alter Körperstörungen häufiger werden, sind chronische Schmerzen, auch wenn sie psychogen anmuten, häufig körperlich mitbedingt. Es geht in der Regel dabei nicht um die Frage, ob die Schmerzen körperlich oder psychisch verursacht, sondern durch welche Faktoren die Schmerzen verstärkt werden. In der integrierten oder multimodalen Schmerztherapie (Huber u. Winter 2006) werden bei chronischen Schmerzen immer auch die wirksamen psychologischen Interventionsformen einbezogen, wobei jedoch bei einem rein verhaltenstherapeutischen Vorgehen frühere individuelle Lebensschicksale und Konflikte leider nicht berücksichtigt werden. Es ist aber effektiv, gerade auch bei älteren Schmerzpatienten frühere schmerzhafte Lebensereignisse aus einem psychoanalytischen Verständnis heraus zu reflektieren. Eine solche Vorgehensweise wird an einem Fallbeispiel dargelegt, wobei ein multimodales psychosomatisches Vorgehen propagiert wird.

Rolf D. Hirsch:

Scherz und Schmerz - Humor als »Analgetikum«? (Abstract)

Alte Menschen leiden häufig unter Schmerzen. Allerdings davon auszugehen, dass zum Alter Schmerzen gehören und damit auch wenig beeinflussbar sind, ist ein Vorurteil. Da Medikamente bei alten Menschen nur besonders sorgfältig verordnet werden sollten, kommt den nichtmedikamentösen Verfahren ein hoher Stellenwert zu. Ist die Förderung des Sinns für Humor als präventive Gesundheits-Maßnahme für alte Menschen schon sinnvoll, so gilt dies insbesondere bei der Behandlung von Menschen mit Schmerzen. Untersuchungen belegen, dass fröhliches, unbeschwertes Lachen und Lächeln als Ausdrucksformen von Humor schmerzreduzierend wirken können. Fallschilderungen verdeutlichen, dass auch eine gewisse Nachhaltigkeit bei konsequenter und kontinuierlicher »Humor-Beeinflussung« erreicht werden kann. Hier wird dafür plädiert, den Humor in der Therapie ernster zu nehmen und patientenorientiert wohldosiert einzusetzen. Scherz vertreibt Schmerz!

Christian Schwegler:

Akupunktur im Alter (Abstract)

Akupunktur ist eines der ältesten bekannten Naturheilverfahren. Nachdem sie in den letzten drei Jahrtausenden fast nur in Asien praktiziert und kultiviert wurde, setzt sie sich seit ca. 40 Jahren auch in Europa mehr und mehr als komplementäres Heilverfahren durch. Die Wirksamkeit der Nadelstiche ist immer noch umstritten, obwohl die Studienlage inzwischen deutliche Hinweise auf die Effizienz der Behandlung gibt. Dennoch zeigen auch diese Studien, dass ein Großteil des Heilerfolgs auf Placeboeffekten beruht. Sowohl die spezifische Wirksamkeit der Akupunktur, als auch die erreichten unspezifischen Effekte können zum Besten des Patienten genutzt werden.
Auch in der Altersmedizin findet die Akupunktur erfolgreich Anwendung. Insbesondere bei chronischen und funktionellen Erkrankungen mit geringen strukturellen Defekten zeigt die Akupunktur ihre Stärke.

Clinical aspects of pain therapy in old age (English Abstract)

Chronic pain is a complex bio-psycho-social problem. This is especially true for pain in the elderly. The latter are increasingly subject to painful diseases, the causes of which are often not adequately addressed or which can only be incompletely treated. Elderly people are also frequently exposed to particular psychosocial stresses, frustrations and anxieties, which promote the chronification of pain. After describing current ideas about the development of chronic pain, the focus is on conveying clinically useful and descriptive concepts. Common painful diseases in the elderly are then described and, in particular, the disorders which experience has shown to be inadequately addressed are listed. Finally, the biological and psychosocial preconditions for a successful therapy of chronic pain are mentioned.

When it hurts in the relationship - limits and possibilities of couple therapy in the second half of life (English Abstract)

The process of growing older is so different that it can lead to extraordinarily difficult dynamics in couple relationships, triggering psychological pain, such as anxiety, strong disappointments and despair. Further development of the partners is often blocked by the couple dynamics. The resulting difficulties can release new developmental potential through possible couples therapy interventions in the context of systemic integrative inpatient psychotherapeutic treatment and bring about a considerable stabilization of the overall situation.

Elderly people with chronic pain after accident injuries - The end of gainful employment? (English Abstract)

Chronic pain after accidents is often associated with long absences from work, which can lead to its loss. Vocational reintegration is difficult, especially in advanced age. Depressive symptoms, pessimism/resignation, anxiety, and psychophysical exhaustion further exacerbate pain-related performance losses. The situation is particularly aggravated in migrants (low educational level, lower class affiliation with heavy labor). In addition to psychotherapeutic-supportive measures, securing livelihoods is urgent. An interdisciplinary approach is required with additional clarification of the financial situation involving various insurance carriers (in Switzerland, the accident and health insurances as well as the disability and unemployment insurance). Early retirement or bridging (partial) retirement is often the approach of choice.


Psychogenic pain amplification in old age - body pain and soul pain (English Abstract)

As body disorders become more frequent in old age, chronic pain, even if it seems to be psychogenic, is often physically co-conditioned. The question is usually not whether the pain is physical or psychogenic, but by which factors the pain is intensified. In integrated or multimodal pain therapy (Huber u. Winter 2006), effective psychological forms of intervention are always included in chronic pain, although a purely behavioral approach unfortunately does not take into account earlier individual life fates and conflicts. It is effective, however, to reflect on earlier painful life events from a psychoanalytic understanding, especially in older pain patients. Such an approach is presented in a case study, advocating a multimodal psychosomatic approach.

Joking and pain - humor as an "analgesic"? (English Abstract)

Old people often suffer from pain. However, it is a prejudice to assume that pain is part of old age and therefore cannot be influenced much. Since drugs should only be prescribed with special care in the elderly, non-drug methods are of great importance. If promoting a sense of humor is already useful as a preventive health measure for the elderly, this is especially true when treating people with pain. Studies show that cheerful, light-hearted laughter and smiles as expressions of humor can have a pain-reducing effect. Case reports illustrate that a certain sustainability can also be achieved with consistent and continuous "humor influence". Here it is advocated to take humor in therapy more seriously and to use it in a patient-oriented and well-dosed way. Joking dispels pain!

Acupuncture in old age (English Abstract)

Acupuncture is one of the oldest known natural healing methods. After having been practiced and cultivated almost exclusively in Asia for the last three millennia, it has been gaining more and more acceptance as a complementary healing method in Europe for about 40 years. The effectiveness of needle pricks is still controversial, although studies now clearly indicate that the treatment is effective. Nevertheless, even these studies show that a large part of the healing success is based on placebo effects. Both the specific effectiveness of acupuncture and the non-specific effects achieved can be used to the best advantage of the patient.Acupuncture is also successfully used in geriatric medicine. Acupuncture shows its strength especially in chronic and functional diseases with minor structural defects.