7. Jahrgang 2010,

Heft 1: Eine Institution stellt sich vor

Monika Wachter, Marta Heyder, Susanne Kraft & Wolf D. Oswald:

Selbstständig im Alter
Entstehungsgeschichte und Ausbildungskurse der SimA-Akademie e.V. in Nürnberg

Die SimA-Akademie e.V. hat sich zum Ziel gesetzt, praxisrelevante gerontologische Erkenntnisse durch Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung an Multiplikatoren und Anwender weiterzugeben. Insbesondere hat sich die Akademie zur Aufgabe gemacht, die theoretisch fundierten und wissenschaftlich überprüften Konzepte SimA®-50+ sowie SimA®-P für Pflegeheimbewohner einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hierzu werden im Rahmen von frei zugänglichen Kursen SimA®-50+-Trainer und SimA®-P-Gruppenleiter ausgebildet.
   Die SimA-Akademie steht zudem öffentlich-rechtlichen und anderen Einrichtungen sowie interessierten Menschen und ihren Angehörigen beratend zur Seite.

Die SimA®-Studie und Entstehung der SimA®-Akademie e.V.

Am Institut für Psychogerontologie der Universität Erlangen-Nürnberg wurde 1991 unter der Leitung von Prof. Dr. W.D. Oswald die Interventions- und Längsschnittstudie »Bedingungen der Erhaltung und Förderung von Selbständigkeit im höheren Lebensalter« (SimA) mit 375 Teilnehmern begonnen. Es wurde unter anderem erforscht, wie sich spezifische Interventionsmaßnahmen auf die Selbstständigkeit im höheren Lebensalter auswirken (Oswald et al. 1998). Durch die Studie konnte erstmals in Deutschland auf wissenschaftlicher Ebene nachgewiesen werden, dass Gesundheit und Selbstständigkeit bei älteren Menschen durch ein kombiniertes Training der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit gefördert und langfristig erhalten werden können. Darüber hinaus ergab sich, dass dieses kombinierte Training den psychopathologischen Entwicklungen, die zu Demenzen führen können, entgegenwirkt. Die SimA-Langzeitstudie wird auch heute noch weiter geführt.

Das SimA®-50+-Trainingsprogramm

Das unter der Leitung von Prof. Dr. Wolf D. Oswald entwickelte SimA®-Training wurde im Laufe der Zeit zum SimA®-50+-Training umbenannt, da es sich an selbstständig lebende Personen bereits ab dem 50. Lebensjahr richtet. Auch Personen mit MCI-Symptomatik (Mild Cognitive Impairment) können von der Teilnahme am Training profitieren bzw. den Erkrankungsbeginn hinauszögern (vgl. Ackermann u. Oswald 2008, Oswald 2005 a und b).
Im SimA®-50+-Gedächtnistraining werden vor allem die altersabhängigen, für die Alltagsbewältigung unabdingbaren sogenannten »fluiden« Gedächtnisfunktionen wie Kurzzeitgedächtnis, Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung oder Aufmerksamkeit trainiert. Ist in diesen Bereichen ein Abbau zu verzeichnen, treten zunehmend Gedächtnis- und Orientierungsstörungen auf, die langfristig zu einer Demenz führen können. Die Effizienz des SimA®-50+-Trainings bei der Demenzprävention wurde wiederholt nachgewiesen.
   In Anbetracht der Prognosen zum Anstieg von demenziellen Erkrankungen in Deutschland sollte ein möglichst frühzeitiger Trainingsbeginn jedem älteren Menschen empfohlen werden.

Das SimA®-P-Aktivierungsprogramm

Vor dem Hintergrund der beachtlichen Effekte des SimA-50+-Trainingsprogramms stellte sich nun die Frage, inwieweit Maßnahmen, die auf der gleichen theoretischen Basis beruhen, auch bei bereits kognitiv und funktionell eingeschränkten Personen greifen. Zur Beantwortung dieser Fragestellung wurde von 2001 bis 2005 unter der Leitung von Prof. Dr. W. D. Oswald die Studie »Rehabilitation im Pflegeheim« durchgeführt (Oswald et al. 2006). Das Ziel war, ein Aktivierungskonzept für Menschen in Pflegeheimen zu entwickeln, um deren verbliebene Selbstständigkeit zu erhalten bzw. diese zu fördern. Unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und der Fähigkeiten dieses Personenkreises entstand ein multimodales Aktivierungsprogramm, welches auf verschiedenen Ebenen die geistigen und körperlichen Leistungen fördert (Oswald u. Ackermann 2009a, b und c). Für kognitiv bis mittelschwer eingeschränkte Personen (bei MMSE > 10) wurde ein niveauangepasstes kognitives Aktivierungsprogramm entwickelt. Der Schwerpunkt der kognitiven Aktivierung liegt hierbei ähnlich wie bei SimA-50+ auf der Stabilisierung von fluiden Gedächtnisleistungen. Da bei Menschen mit fortgeschrittener Demenz (MMSE ≤10) diese Art der Aktivierung nicht mehr sinnvoll erscheint, wurde für diese Personen ein Programm der biografieorientierten Aktivierung erarbeitet, in dem der Schwerpunkt auf die noch länger erhaltenen, persönlich bedeutsamen Langzeitgedächtnisinhalte gelegt wird. Die psychomotorische Aktivierung wird mit beiden Gruppen gleichermaßen durchgeführt.
   Die evaluierte rehabilitative und präventive Wirksamkeit des Programms liegt nicht nur im Bereich der kognitiven Leistungen. Positive Effekte zeigten sich auch in Bezug auf funktionelle Fähigkeiten, Sturzneigung und -häufigkeit sowie Aktivitäten des täglichen Lebens.

Ausbildungskurse an der SimA®-Akademie e.V.

Die Qualifikation zur selbstständigen Leitung der beschriebenen Trainings- sowie Aktivierungsprogramme kann an der SimA-Akademie e.V. im Rahmen von frei zugänglichen Ausbildungskursen erworben werden.
   Die Ausbildung zum SimA®-50+-Trainer richtet sich an alle an der Bildungsarbeit mit Senioren interessierten Personen. Mögliche Einsatzbereiche sind Einrichtungen der offenen Altenhilfe, Volkshochschulen oder Begegnungsstätten. Im Anschluss an den Ausbildungskurs und nach Abschluss einer Praxisphase kann das Zertifikat zum SimA®-50+-Trainer erworben werden.
   Der SimA®-P-Ausbildungskurs eignet sich vor allem für Personen, die im Bereich der Arbeit mit funktionell und kognitiv beeinträchtigten oder demenzkranken Menschen tätig sind oder tätig werden wollen. Mögliche Einsatzbereiche sind beispielweise Alten- und Pflegeheime oder Tagesbetreuungseinrichtungen. Nach Abschluss des Kurses und nach absolvierter Praxisphase kann das Zertifikat SimA®-P-Gruppenleiter erworben werden.
   Ein neuer gesetzlicher und finanzieller Rahmen für die Durchführung des SimA®-P- Aktivierungsprogramms in Einrichtungen der teilstationären und stationären Altenhilfe wurde mit der Einführung des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes im Juli 2008 (insbesondere §45b SGB XI und §87b SGB XI) geschaffen. SimA®-P als ein Angebot für demenzkranke Menschen kann dazu beitragen, dass die knappen Ressourcen im Pflegebereich möglichst effektiv genutzt werden.
   Die Ausbildungskurse werden in regelmäßigen Abständen von der SimA-Akademie e.V. von qualifizierten Dozenten angeboten. Die aktuellen Termine, weitergehende ausführliche Informationen bezüglich der Ausbildungskurse und einen Überblick über die SimA-Publikationen finden Sie auf der Homepage der Akademie.

Literatur

Oswald WD, Ackermann A, Gunzelmann T (2006) Effekte eines multimodalen Aktivierungsprogramms (SimA-P) für Bewohner von Einrichtungen der stationären Altenhilfe. Z Gerontopsychologie & -psychiatrie 19 (2): 89–101.
Ackermann A, Oswald WD (2008) Selbständigkeit erhalten, Pflegebedürftigkeit und Demenz verhindern. In: Oswald WD, Gatterer G, Fleischmann UM (Hg) Gerontopsychologie. 2. Auflage. Wien New York (Springer) 129–137.
Oswald WD (2005a) SimA®-basic - Gedächtnistraining und Psychomotorik. Geistig und körperlich fit zwischen 50 und 100. Göttingen (Hogrefe).
Oswald WD (2005b) SimA®-basic-PC - Gedächtnistraining und Psychomotorik. Das individuelle PC-Programm für alle ab 50. Göttingen (Hogrefe).
Oswald WD, Hagen B, Rupprecht R (1998) Bedingungen der Erhaltung und Förderung von Selbständigkeit im höheren Lebensalter (SimA) – Teil X: Verlaufsanalyse des kognitiven Status. Z Gerontopsychologie & -psychiatrie 11(4): 202–221.
Oswald WD, Ackermann A (2009a) Kognitive Aktivierung mit SimA®. Selbständig im Alter. Wien New York (Springer).
Oswald WD, Ackermann A (2009b) Biographieorientierte Aktivierung mit SimA®. Selbständig im Alter. Wien New York (Springer).
Oswald WD, Ackermann A (2009c) Psychomotorische Aktivierung mit SimA®. Selbständig im Alter. Wien New York (Springer).