7. Jahrgang 2010,

Heft 2: Eine Institution stellt sich vor

Meinolf Peters und Christiane Schrader:

Institut für Alternspsychotherapie und Angewandte Gerontologie

Die psychotherapeutische Behandlung älterer Patientinnen und Patienten ist, wie alle wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, Erfolg versprechend und befriedigend. Wenn man eine psychotherapeutische Ausbildung durchlaufen und klinische Erfahrungen mit jüngeren Patienten erworben hat, ist man dazu jedoch nicht ausreichend gerüstet. Spezifische Kenntnisse sind erforderlich, um mit den Patientinnen und Patienten dieser Altersgruppe umgehen zu können. Fehlt eine solche Vorbereitung, so besteht die Gefahr, dass nur unbefriedigende Behandlungsergebnisse erreicht werden. Negative Erfahrungen bei der Psychotherapie Älterer sind also nicht selten »hausgemacht«. Es genügt nicht, zu dieser Thematik einmal einen Workshop oder eine Tagung zu besuchen. Die Einsicht, dass es für die Arbeit mit älteren Menschen spezieller Kenntnisse und reflektierter klinischer Erfahrungen bedarf, setzt sich erst allmählich durch. Untersuchungen an verschiedenen Berufsgruppen in den USA, die mit älteren Patienten arbeiten, zeigen, dass Betreuung und Behandlung positiver verlaufen und zu besseren Ergebnissen führen, wenn eine spezifische Vorbereitung darauf vorausgegangen ist.
   Wo und wie können die spezifischen Kompetenzen bei der psychotherapeutischen Behandlung erworben werden? In den vorhandenen psychotherapeutischen Ausbildungsinstituten werden diese allenfalls rudimentär vermittelt. Vor diesem Hintergrund hat Professor Dr. Hartmut Radebold, ehemals Lehrstuhlinhaber für Klinische Psychologie an der Universität Kassel und Nestor der Alternspsychotherapie in Deutschland, nach seiner Emeritierung 1998 das Lehrinstitut für Alternspsychotherapie gegründet. In den zehn Jahren, die seither vergangen sind, hat er gemeinsam mit anderen Alterspsychotherapeuten zahlreiche Fortbildungskurse durchgeführt. Diese Kurse fanden in Form von 5 bis 12 je zweitägigen Blockveranstaltungen in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich statt.
   Professor Dr. Radebold hat 2009 das Institut aus Altersgründen an die Gruppe der Alterspsychotherapeuten abgegeben, die zuvor schon Kurse gemeinsam mit ihm gestaltet hatten: Dipl. Psych. Christiane Schrader, Dr. med. Peter Bäurle und Dr. phil. Meinolf Peters. Letzterer ist der neue Geschäftsführer des Instituts.
   Dieses Team führt die bewährte Tradition des Instituts mit den intensiven Fortbildungskursen fort, zugleich wurden aber auch einige Neuerungen eingeführt und das Aufgabenspektrum wurde erweitert. Der neue Name heißt jetzt »Institut für Alternspsychotherapie und Angewandte Gerontologie«. Neben Fortbildungskursen zählen Supervision, Coaching, Organisationsberatung und Forschung zum Aufgabenspektrum des Instituts. Auch das Thema Beratung soll zukünftig mehr Gewicht erlangen.
Im Zentrum stehen aber weiterhin die Fortbildungskurse zur psychodynamischen Psychotherapie mit Älteren. Diese Kurse umfassen folgende Themenkomplexe:

  • Gerontologische Grundlagen: Dabei geht es um die gesellschaftlichen und historischen Aspekte des Alterns und um Altersbilder und das Alterserleben in der heutigen Zeit.

  • Alternder Körper: Körperliche und kognitive Veränderungen und deren Bedeutung für die Psychodynamik, Folgen körperlicher Erkrankungen.

  • Psychodynamik und Entwicklungspsychologie des Alterns: Entwicklung des Selbst, der Bindungen und Objektbeziehungen; Konflikte im Alter; geschlechtsspezifische Themen zu Sexualität und Paarbeziehungen; intergenerative Beziehungen, Endlichkeit und Tod.

  • Psychotherapeutische Aspekte: Welche Besonderheiten sind in Diagnostik, Motivation, Beziehungsgestaltung und Dialogführung zu beachten? Wie sind Setting und therapeutische Technik ambulant und stationär für Ältere zu gestalten?

  • Psychotherapeutische Aspekte bei verschiedenen Störungsbildern: Altersspezifischen Aspekte bei Angst, Depression, psychosomatischen Störungen, Demenz und leichter kognitiver Beeinträchtigung, Sucht und Suizid, Persönlichkeitsstörungen.

  • Themenzentrierte Selbstreflexion, Supervision und Balintgruppenarbeit: Diese praxisorientierte Arbeit gehört zu jedem Block.


Diese Themen werden derzeit in sieben Kursabschnitten, jeweils freitags und samstags, abgehandelt. Aktuell finden Kurse statt in Bad Hersfeld (in Kooperation mit der Klinik am Hainberg, J. Lindner) und in Bonn/Bad Honnef (in Kooperation mit den Rheinischen Landeskliniken, Prof. Dr. Hirsch, und der Rhein-Klinik, Dr. med. R. Vandieken). Im Herbst 2010 wird ein Kurs in Hamburg beginnen (Kooperationspartner Klinik Ochsenzoll, Dr. med. C. Wächtler und Adolf-Ernst-Meyer-Institut, PD Dr. med. U. Lamparter). Darüber hinaus besteht eine Kooperation mit dem Fortbildungszentrum in Schloß Hofen am Bodensee, nahe Bregenz in Österreich. Zwei Kurse haben dort schon stattgefunden, im Herbst 2011 ist der nächste Kurs dort geplant. Die Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer erhalten für die Teilnahme Fortbildungspunkte von den Ärzte- und Psychotherapeutenkammern und abschließend ein Zertifikat. Ein Kooperationsvertrag zwischen dem Institut für Alternspsychotherapie und Angewandte Gerontologie und der Deutschen Akademie für Gerontopsychiatrie und –psychotherapie ermöglicht, dass die jeweiligen Kurse beider Institutionen gegenseitig anerkannt werden.
   In den letzten Jahrzehnten hatte Professor Radebold eine herausragende Position in der »Szene« eingenommen. Die Ergebnisse seines gesamten Schaffens werden zweifellos noch lange nachwirken. Er wird auch weiterhin als Dozent des Instituts tätig sein, aber aus Altersgründen immer mehr in den Hintergrund treten. Dem neuen Team ist es gelungen, Tradition und Geist des Instituts zu erhalten und kreativ weiter zu entwickeln. Die bisherigen Erfahrungen in den laufenden Veranstaltungen bestätigen das bewährte Konzept und zeigen, dass der Übergang gelungen ist. Im Zentrum der Kurse geht es weiterhin um die Verbindung von klinischem Erfahrungsaustausch mit der theoretischen Durchdringung und einer persönlichen Reflexion der therapeutischen Beziehung.