Fallzentrierte Darstellungen zum Themenheft
“Die neue Generation 50+”

Johannes Kipp:

Spezifische Erfordernisse bei der Psychotherapie der »Alten Jungen« (Abstract) (PDF)

Die heutige Generation 50+ mit geburtenstarken Jahrgängen ist in Kindheit und Jugend mit wesentlichen technischen Innovationen konfrontiert worden. Für einen Großteil der Bevölkerung wurden die Lebensbedingungen damals immer besser. Hier wird die Frage diskutiert, wie diese Kindheitserfahrungen sich auf den individuellen Lebenslauf ausgewirkt haben. Sind Menschen, die in eine Zeit hineingeboren wurden, in der es allen immer besser ging, besonders anfällig für Depressionen, wenn diese Erwartung enttäuscht wird. Wie wirkten sich Waschmaschinen und Pampers auf die Sauberkeitserziehung und die anale Phase aus und welchen Einfluss hatte die Pille auf sexuelle Fantasien und Wünsche? Jüngere Therapeuten sollten berücksichtigen, wenn sie Patienten aus dieser Generation behandeln, dass die damalige Lebenswelt sich erheblich von der heutigen unterscheidet.

Brigitte Boothe und Marie-Luise Hermann:

Beziehungen, die Mut machen
Kreditierung in der Psychotherapie (Abstract) (
PDF)

Im Zusammenwirken mit äußeren Anforderungen können die psychischen Herausforderungen des Alterns zu Lebenskrisen oder Erkrankungen, aber auch zu neuen persönlichen Entwicklungen führen. Wir stellen hier das psychoanalytische Kommunikations- und Beziehungsmodell der Kreditierung vor, mit dem in der Psychotherapie mit Menschen in der zweiten Lebenshälfte beleuchtet wird, wie diese herausfordernde Lebensaufgaben bewältigt haben, wofür sie sich und anderen rückblickend »Kredit« geben oder auch absprechen. Patienten werden dabei als Akteure mit Ressourcen und Entwicklungspotenzialen anerkannt, es gilt, an sie zu glauben und ihnen die Bewältigung gegenwärtiger Schwierigkeiten zuzutrauen und zuzumuten. Damit stellt Kreditierung einen wichtigen Bestandteil der Vertrauens- und Bündnisbildung dar. Anhand eines Praxisbeispiels wird der Nutzen für die Psychotherapie aufgezeigt. Abschließend diskutieren wir die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit als Freiheit zum entschiedenen Handeln in der Gegenwart.

Helke Bruchhaus Steinert:

Paartherapie mit Paaren über 50 (Abstract) (PDF)

Die Lebenssituation der heute Über-50-Jährigen ist geschichtlich gesehen neu und stellt die Generation vor besondere Entwicklungsaufgaben, die auch Auswirkungen auf die Paarbeziehung haben. Diese spezifischen Herausforderungen werden anhand eines Fallbeispiels in Bezug auf die Gestaltung der Partnerschaften heute und deren Relevanz für die Paartherapie dargestellt. Gleichfalls wird der Wert des systemischen und koevolutiven Denkens für die Paartherapie mit Paaren dieser Altersgruppe diskutiert.

Peter Bäurle:

Stationäre Therapie der Generation 50+ (Abstract) (PDF)

Das Therapiekonzept 50+ der Station ViaNova ist in der Schweiz einmalig. Bisher wurde diese Altersgruppe kaum als eine Generation mit spezifischen Problemen betrachtet und die Behandlungskonzepte wurden von denjenigen älterer oder jüngerer Personen abgeleitet. Erfahrung und Forschung zeigen jedoch, dass sich die therapeutische Aufgabenstellung deutlich von der bei anderen Altersgruppen unterscheidet. Die Altersgruppe der Über-50-Jährigen ist gut ausgebildet und beruflich erfolgreich. Sie ist es gewohnt, unter Druck Leistung zu erbringen, und zeichnet sich durch ein hohes Informationsbedürfnis aus. Die therapeutischen Angebote müssen auf diese Eigenschaften ausgerichtet sein. Mitbestimmung, Privatsphäre und Information sind deshalb Grundlage der Therapie.

Jean-Christoph Schwager:

Arbeit mit einer +50-Gruppe in einer Suchtklinik. »Ja - das möcht' ich noch erleben« (Abstract) (PDF)

Vorgestellt wird hier die Arbeit mit älteren suchtkranken Menschen sowie der Einsatz von Gedichten in der stationären Gruppentherapie. Gedichte können Grundlage sein, dass die Gruppenmitglieder darüber ihre eigene Situation besser reflektieren können und zu neuen Erfahrungen ermutigt werden. Am Beispiel von Theodor Fontanes Gedicht: »Ja, das möcht’ ich noch erleben« in einer speziellen 50+-Gruppe, in der Alkohol-, Medikamenten- und Glücksspielabhängige im Alter von 50 bis 65 Jahren behandelt werden, soll das therapeutische Vorgehen aufgezeigt werden.

Specific requirements in the psychotherapy of the "old young" (English Abstract)

Today’s generation 50+, with high birth rates in their age groups, was confronted with major technical innovations in childhood and youth. Back then, life standards continually improved for a bigger part of the population. In this paper, it will be discussed what impact these experiences in their childhood had on the individual development. Are people who were born into a society where everyone was always feeling better and better especially prone to depression in situations where this expectation is disappointed? How did washing machines and pampers influence potty training and the anal phase and what impact did the birth control pill have on sexual fantasies and wishes? When treating patients from this generation, younger therapists should take into account that the living environment back then differs significantly from today’s.

Relationships that give courage Credit in psychotherapy (English Abstract)

Aging as a psychic challenge – in interaction with external demands – can lead to crisis or illness, but also new personal development. In psychotherapy with people in the second half of their life, the psychoanalytic communication and relationship model of giving credit illuminates how they have coped with challenging life-tasks, and for what they give themselves or others credit or discredit in looking back at the past. As a therapeutic attitude, giving credit shows in acknowledging the patient as an actor with resources and developmental potential, believing in him and his abilities to cope with his present difficulties. This marks an important part of building trust and alliance. Based on a practical example, benefits for psychotherapy are displayed. Concluding, we discuss how to think about the conflict of transience of life as freedom to definitive action in the present.

Couples therapy with couples over 50 (English Abstract)

Historically, the life situation of the generation over 50 in western countries is new. It implies specific challenges, which have an impact on a couple’s relationship. Aspects of these challenges are outlined due to the composition of the relationship and their impact on couple therapy. Furthermore, the value of the systemic approach as well as the concept of co-evolution for couple therapy at this age is discussed.

Inpatient Therapy for the 50+ Generation (English Abstract)

The concept for therapy at the 50+ ViaNova ward in Switzerland is unique. Up until now this age group has barely been considered as a generation with specific problems and the concepts for treatment have derived from those of older or younger people. However, experience and research reveal a difference regarding the therapeutic task compared to other age groups. The age group of people older than 50 is well-educated and successful in their professions. They are used to performing under pressure and have a high demand for information. Therapeutic offers must accommodate these attributes. Therefore, co-management, privacy, and information are elementary to therapy.

Working with a +50 group in an addiction clinic. "Yes - I would still like to experience that" (English Abstract)

This is an introduction of the work with elderly addicts and the use of poems in inpatient group therapy. Poems can be the basis for group members to reflect their own situations more easily and to be encouraged to have new experiences. The therapeutic approach in a special 50+ group treating alcoholics, drug addicts and gambling addicts at the age of 50 to 65 years will be presented by using the example of Theodor Fontane’s poem »Yes, I still want to experience that«.