Vaterlosigkeit und Folgen des Zweiten Weltkriegs zum Themenheft
“Hartmut Radebold zum 75. Geburtstag”
Matthias Franz:
Wenn der Vater fehlt (Abstract) (PDF)
Kriegstraumatische und trennungsbedingte Langzeitfolgen der Vaterlosigkeit
Die möglichen Folgen der Vaterlosigkeit für die kindliche Entwicklung werden aus psychohistorischer, entwicklungspsychologischer und epidemiologischer Sicht aufgezeigt. Daten der Mannheimer Kohortenstudie zur Epidemiologie psychogener Erkrankungen zeigen bei im Zweiten Weltkrieg vaterlos aufgewachsenen deutschen Kriegskindern noch 50 Jahre später signifikant stärkere psychische Belastungen. Folgen der heutigen, trennungsbedingten Vaterlosigkeit werden anhand der Düsseldorfer Alleinerziehendenstudie dargestellt. Die psychosoziale Belastung alleinerziehender Mütter und ihrer Kinder ist deutlich erhöht. Neben Armut sind auch Vaterlosigkeit und maternale Depression wichtige Risikofaktoren für die kindliche Entwicklung. Als mögliche effektive Intervention wird mit PALME ein bindungsorientiertes Elterntraining speziell für alleinerziehende Mütter vorgestellt.
Werner Bohleber:
Erinnerung und Historisierung (Abstract) (PDF)
Transformationen des individuellen und kollektiven Traumas und seine transgenerative Weitergabe
Traumatische Erinnerungen unterliegen beim Wiedererinnern nicht einer Transformation durch die Gegenwart. Sie bilden eine Art von Fremdkörper im psychisch-assoziativen Netzwerk, stellen aber keine exakte Replik des traumatischen Ereignisses dar, sondern sind spezifischen Umarbeitungen ausgesetzt. Der Autor beschreibt einige der psychischen Vorgänge in diesem abgekapselten Bereich und auch die vitale Bedeutung, die ein authentischer gesellschaftlicher Diskurs über die historische Wahrheit für das betroffene Individuum hat. Transgenerationelle Identifizierungsprozesse mit unterschiedlichen Identifizierungsformen in der deutschen Nachkriegsgesellschaft werden dann beschrieben. Im letzten Teil wendet sich der Autor den Kriegskindern als Angehörige der zweiten Generation zu und kommt auf deren Traumatisierung sowie auf die Auswirkungen auf die dritte Generation zu sprechen.
When the father is missing (English Abstract)
War traumatic and separation-related long-term consequences of fatherlessness
Possible consequences of a father’s absence for the childhood development are demonstrated according to psychohistorical, developmental and epidemiological aspects. Data of the Mannheim Cohort study on the Epidemiology of Psychogenic Disorders show that fatherless grown up children of World War II suffer from elevated psychogenic impairment even 50 years later. Furthermore, consequences of the contemporary fatherlessness caused by parental separation are reported. The Dusseldorf Study on Single Mothers verified the increased psychosocial load of single mothers and their children. Besides poverty, fatherlessness and maternal depression are important childhood risk factors associated to this family status. As one possible effective intervention, the attachment oriented parental training program PALME for single mothers is presented.
Memory and Historicization (English Abstract)
Transformations of individual and collective trauma and its transgenerational transmission
Traumatic memories are not modified by the present when they are relived. They appear as a sort of foreign body in the psychic-associative network; however, they do not resemble an exact replica of the traumatic experience, but are subject to specific modifications. The author describes some of the psychological processes in this rather unexplored field. An authentic social discourse on the historical truth is important for the affected individual. Intergenerational processes of identification with different forms of identification in the German post-war society will then be described. In the conclusion, the author focuses on children of the war as relatives of the second generation and deals with their traumas as well as their impact on the third generation.