Fallbezogene Darstellungen zum Themenheft “Suizid und würdevolles Sterben”

Claus Wächtler:

Depression und Suizid im Alter: Erkennen und Behandeln lohnen sich (Abstract) (PDF)

Depressionen im Alter sind häufig und werden unterdiagnostiziert und inadäquat behandelt, obwohl die Therapiestrategien, die bei Jüngeren erfolgreich sind, auch bei Älteren wirken. Depressionen bei Älteren gelten als Risikofaktor für die Entstehung somatischer Erkrankungen und für eine speziell durch Suizid erhöhte Mortalität, sowie für ungünstige Rehabilitationsergebnisse. Sie zu erkennen ist erschwert durch ein anderes Erscheinungsbild und ein anderes Hilfesuchverhalten als bei Jüngeren – beides trifft insbesondere auf ältere depressive Männer zu. Bei der Pharmakotherapie ist zu beachten, dass ältere Menschen und vor allem die Multimorbiden stärker gefährdet sind, Neben- und Wechselwirkungen zu erleiden. Auch Psychotherapie ist wirksam, wird aber zu selten von Älteren aufgesucht und von Therapeuten angeboten. Depressionen gelten als Hauptrisikofaktor für Suizid. Das rechtzeitige Erkennen von Depression und Suizidalität und geeignete Interventionen können Leid mindern und Suizide verhindern.

Reinhard Lindner und Georg Fiedler:

Studien zur Suizidalität Älterer (Abstract) (PDF)

Trotz der hohen Suizidraten älterer und hochbetagter Personen, insbesondere von Männern in den westlichen Ländern ist sowohl das Angebot als auch die Nutzung psychotherapeutischer Behandlungsmöglichkeiten und -einrichtungen gering. Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen einer über 10 Jahre dauernden Forschung die intrapsychischen Dynamiken und die psychosozialen Bedingungen suizidaler älterer Personen untersucht. Zunächst wurden, basierend auf 30 Tiefeninterviews, mittels der »verstehenden Typenbildung« idealtypische Konstellationen zur Suizidalität Älterer im Hinblick auf ihr Inanspruchnahmeverhalten und ihre Beziehungsgestaltung gebildet. In der nächsten Studienphase wurde ein semistrukturiertes Interview zur inneren Welt und zur aktuellen Lebenssituation älterer Menschen entwickelt und bei 67 über 60-jährigen Probanden evaluiert und von unabhängigen Ratern ausgewertet. In einem dritten Schritt wurden hochbetagte suizidale multimorbide Patienten einer geriatrischen Klinik untersucht.
   Suizidale Ältere, die sich nicht in Behandlung begeben, zeigen idealtypisch Formen des psychosozialen Rückzugs, welche Suizidalität sowohl fördern als auch unterhalten. Bei hochbetagten geriatrischen Patienten löste die Erfahrung einer schweren körperlichen Erkrankung die aktuelle Suizidalität aus, diese Patienten unterschieden sich von randomisierten Kontrollpersonen durch eine signifikant höhere Depressivität und durch psychiatrische Behandlungen in der Anamnese.

Depression and Suicide in Old Age: Recognition and Treatment Pay Off (English Abstract)

Depression in old age is common and dangerous due to somatic comorbidity and suicide. However, it is often not recognized and not adequately treated. But treatment, pharmacotherapy as well as psychotherapy, is successful. Suicidality must be recognized, the »cry for help« must be noticed und understood. Pharmacotherapy must take into account comorbid medical conditions, special side-effects and drug interactions. One of the new-generation antidepressants should be preferred. Psychotherapy is almost never offered to the elderly although effectiveness could be demonstrated. Psychotherapy in old age requires some modifications. Recognition and treatment of depression and suicidality could prevent grief and suicide in old age.

Studies on suicidality in the elderly (English Abstract)

Despite high suicide rates of old and very old persons, especially of men in Western countries, the proposal and the utilisation of psychotherapeutic treatment possibilities and facilities are still small. Due to this a 10 year research study of the intra-psychic dynamics and psychosocial terms of suicidal elderly are investigated. At first, based on 30 indepth- interviews, with the method of »forming types by understanding« ideal types of suicidal tendencies in the elderly are formed, concerning usage and the way of relating in the interview. In the next part of this study a semi-structured interview was developed and evaluated. This interview is about the inner world and the psychosocial conditions of suicidal elderly. It was carried out with 67 elderly persons (+60 yrs.) and rated by independent evaluators. During the third step, very old, multi-morbid geriatric inpatients were examined. Suicidal elderly, who do not want to communicate their suicidal tendency in treatment, show ideal types of psychosocial retreat, which both encourages and maintains suicidal tendencies. The very old geriatric patients differ from randomized control persons with a significantly higher rate of depression, in their suicidal tendencies and in their psychiatric treatments before.