12. Jahrgang 2015,
Heft 3: Eine Institution stellt sich vor
Julia K. Wolff und Clemens Tesch-Römer:
Deutsches Zentrum für Altersfragen (DZA)
Das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA) ist ein Forschungsinstitut für die sozial- und verhaltenswissenschaftliche Alternsforschung. Als Ressortforschungseinrichtung mit Sitz in Berlin wird es institutionell gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Das DZA untergliedert sich in drei Arbeitsbereiche: Forschung, Politikberatung und Informationssysteme. Die primäre Aufgabe des DZA ist es, aus interdisziplinärer Perspektive Erkenntnisse über die Lebenslage alternder und alter Menschen zu erweitern, zu sammeln, auszuwerten, aufzubereiten und zu verbreiten. Dabei stehen Themen, die für Menschen in der zweiten Lebenshälfte von Bedeutung sind, im Vordergrund, wie beispielsweise Gesundheit, Renteneintritt oder gesellschaftliche Partizipation.
Geschichte des DZA
Das DZA wurde 1974 gegründet und ist damit eines der ältesten Forschungsinstitute für sozial- und verhaltenswissenschaftliche Alternsforschung. Zunächst diente es hauptsächlich als wissenschaftliches Dokumentations- und Informationszentrum über Altern und Alter in Europa. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels rückten Altersfragen mehr und mehr in das Interesse der Öffentlichkeit. Diese zunehmende Aufmerksamkeit der Alternsforschung in der Gesellschaft spiegelt sich auch in den Aufgaben des DZA wider. Seit 1995 befindet sich die Geschäftsstelle der Altenberichtskommission der Bundesregierung am DZA, die regelmäßig über die Lebenslagen älterer Menschen in Deutschland berichtet. Seit Ende der 90er Jahre beteiligt sich das DZA auch vermehrt an der empirischen Alternsforschung. Inzwischen hat sich das Institut zu einer der zentralen, international anerkannten Institutionen der Alternsforschung in Deutschland entwickelt, das mit großen Studien wie dem Deutschen Alterssurvey (seit 2001) und dem Deutschen Freiwilligensurvey (seit 2011) Erkenntnisse zum wissenschaftlichen Diskurs und zu gesellschaftlichen sowie politischen Fragen beisteuert.
Forschung
Die Forschung am DZA untersucht individuelle und gesellschaftliche Themen in der zweiten Lebenshälfte aus drei Perspektiven: Altern im sozialen und kulturellen Wandel, individuelle Entwicklung im Lebenslauf sowie Unterschiedlichkeit und Ungleichheit im Alter. Die Themenschwerpunkte liegen dabei insbesondere auf Erwerbsarbeit und Ruhestand, Wirtschaftskraft und materielle Lage, Gesundheit, Familie und soziale Beziehungen sowie gesellschaftliche Partizipation.
Seit 2001 wird am DZA der Deutsche Alterssurvey (DEAS) durchgeführt, eine deutschlandweite repräsentative Befragung der 40- bis 85-jährigen Wohnbevölkerung (Engstler u. Schmiade 2013). Der DEAS wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Er zeichnet sich durch sein kohortensequenzielles Design, ein kombiniertes Quer- und Längsschnittdesign, aus. Die erste Welle wurde 1996 erhoben, gefolgt von weiteren Erhebungen in den Jahren 2002, 2008, 2011 und 2014. Alle sechs Jahre wird eine neue Basisstichprobe gezogen (Querschnitte: 1996, 2002, 2008 und 2014). Alle Befragten werden außerdem gebeten, langfristig an der Studie teilzunehmen; seit 2008 finden diese Panelbefragungen alle drei Jahre statt (Längsschnitte: 1996, 2002, 2008, 2011 und 2014). Damit sind bereits drei Panelstichproben Teil des DEAS, beginnend in 1996 (über 18 Jahre), in 2002 (über zwölf Jahre) oder in 2008 (über sechs Jahre). Seit 1996 haben über 20.000 Personen am DEAS teilgenommen. Der DEAS erfragt mittels eines persönlichen Interviews und eines schriftlichen Fragebogens ein breites Themenspektrum, das von Erwerbstätigkeit, Ruhestand, materielle Lage und freiwilliges Engagement über soziale Netzwerke und Freizeitaktivitäten bis zu Gesundheit, Wohlbefinden sowie Einstellungen und Ziele reicht. Dementsprechend divers sind auch die Publikationen, die auf DEAS Daten basieren (z.B. Publikationen zu Großelternschaft und sozialen Netzwerken, Altersbildern, Gesundheit und soziale Ungleichheit, Wohlbefinden und Mortalität).
Am DZA wurden und werden zudem Drittmittelprojekte durchgeführt. Das international vergleichende von der EU geförderte Projekt OASIS zum Thema informelle und formelle Unterstützungen zum Erhalt von Autonomie und Lebensqualität im Alter wurde von 2000 bis 2004 durchgeführt (Motel-Klingebiel et al. 2005). Das Projekt »Lebensläufe und Alterssicherung im Wandel« wurde zwischen 2009 und 2012 in Kooperation mit dem Sozio-Oekonomischen Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) durchgeführt und von der Volkswagenstiftung gefördert (Simonson et al. 2011). Der Forschungsverbund »Autonomie trotz Multimorbidität im Alter« mit dem Projekt PREFER zum Erhalt von körperlicher Aktivität im Alter, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde, fand von 2008–2014 statt (Schüz et al. 2013; Wolff et al. 2014). Zudem kooperiert das DZA mit anderen Forschungsinstituten, insbesondere mit der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2014 ist das DZA Teil eines europäischen Forschungsnetzwerks zum Thema »Ageism« (COST IS 1402, gefördert von der EU).
Seit 2011 liegt die wissenschaftliche Leitung des Deutschen Freiwilligensurveys (FWS) am DZA, einer repräsentativen Telefonbefragung von Personen ab 14 Jahren in Deutschland. Der FWS ist eine im Abstand von fünf Jahren wiederholte Querschnittsbefragung, die bisher 1999, 2004, 2009 und 2014 stattgefunden hat (Schmiade et al. 2014). Anhand der Daten können Engagierte und Nicht-Engagierte nach verschiedenen Bevölkerungsgruppen (z.B. Geschlecht, Alter oder Bildungsgruppen) sowie nach Landesteilen (z.B. Bundesländern) beschrieben werden. Der Freiwilligensurvey bildet eine wichtige Grundlage für Forschung und Berichterstattung zum freiwilligen Engagement und wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.
Mit all diesen empirischen Projekten nimmt die Alternsforschung am DZA gesellschaftliche Fragen des individuellen und gesellschaftlichen Alterns auf und liefert der Wissenschaft, der Politik aber auch der interessierten Öffentlichkeit innovative und aktuelle Informationen zu Alter und Altern in Deutschland.
Politikberatung
Mit seiner Forschung über die Lebenslagen älterwerdender und alter Menschen legt das DZA die Grundlagen für seine Politikberatung. Das in der Alternsforschung erarbeitete Wissen wird für Regierung, Parlament und Gesellschaft aufbereitet. So werden die Ergebnisse des DEAS nicht nur dem Ministerium regelmäßig zur Verfügung gestellt, sondern fließen auch in Expertisen für die Altenberichte und in Publikationen für die Öffentlichkeit ein.
Das DZA berät und unterstützt die Politik auf vielfältige Weise. Zum Beispiel hat die Geschäftsstelle für die Altenberichte der Bundesregierung die Aufgabe, die jeweilige Expertenkommission so zu unterstützen, dass sie ihren Berichtsauftrag umfassend und fristgerecht erfüllen kann. Dazu übernimmt die Geschäftsstelle ein breites Arbeitsspektrum, das vom Führen der administrativen Geschäfte bis zur Abfassung eigener Beiträge zum Sachverständigenbericht und der Herausgabe der Expertisen-Bände reicht. Weiterhin bereitet das DZA durch verschiedene Produkte der Sozialberichterstattung wissenschaftliche Ergebnisse für Politik und Öffentlichkeit auf. Diese Produkte der Sozialberichterstattung am DZA können mehrheitlich auf der Website abgerufen werden (www.dza.de). Beispielsweise bietet der online erhältliche »Report Altersdaten« Alterssozialberichterstattung zu wechselnden Themen. Factsheets stellen kurz und bündig Informationen und Zahlen zu ausgewählten Themen dar. Ebenso können die Abschlussberichte bzw. Pressetexte zu den Erhebungen des DEAS und FWS abgerufen werden.
Informationssysteme
Das DZA bietet der Öffentlichkeit verschiedene Informationssysteme und Dienste an. Im Forschungsdatenzentrum (FDZ) werden die Daten des DEAS und FWS aufbereitet und als nutzerfreundliche Datensätze (scientific use files, SUFs) für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen kostenlos zur Verfügung gestellt. Zudem stehen umfangreiche Dokumentationen zu den Instrumenten und Datensätzen bereit. Das FDZ steht Interessierten sowie Nutzerinnen und Nutzern der Daten auch beratend zur Seite.
Die Bibliothek des DZA ist die umfangreichste Sammlung wissenschaftlicher und anwendungsorientierter Literatur zum Thema »Alter und Altern« im deutschsprachigen Raum und steht der Öffentlichkeit als Präsenzbibliothek zu Verfügung. Der Bibliotheksbestand kann online recherchiert werden (GeroLit).
Das statistische Online Informationssystem gerostat (www.gerostat.de) beinhaltet sozialgerontologisch relevante Daten aus empirischer Sozialforschung (DEAS) und amtlicher Statistik. Statistische Daten zu diversen Sozialindikatoren können dort kostenfrei für verschiedene Bevölkerungsgruppen und Erhebungsjahre abgerufen werden.
Website: www.dza.de
Literatur
Engstler H, Schmiade N (2013) The German Ageing Survey (DEAS) – a longitudinal and time-series study in the second half of life. Schmollers Jahrbuch 133: 191–201.
Motel-Klingebiel A, Tesch-Römer C, Kondratowitz H-J v. (2005) Welfare states do not crowed out the family: Evidence for functional differentiation from comparative analyses. Ageing & Society 25: 863–882.
Simonson J, Romeu Gordo L, Titova N (2011) Changing employment patterns of women in Germany: How do baby boomers differ from older cohorts? A comparison using sequence analyses. Advances in Life Course Research 16: 65–82.
Schmiade, N, Vogel, C, Lux, K, Simonson, J (2014) Trends in Civil Society: The German Survey on Volunteering 1999, 2004, 2009 and 2014 (Deutscher Freiwilligensurvey – FWS). Schmollers Jahrbuch, 134: 249–259.
Schüz B, Warner L M, Wurm S, Ziegelmann J P, Tesch-Römer C, Schwarzer R (2013) Personale Ressourcen für Autonomie trotz Multimorbidität. In: Kuhlmey A, Tesch-Römer, C (2013) Autonomie trotz Multimorbidität: Ressourcen für Selbstständigkeit und Selbstbestimmung im Alter. Göttingen (Hogrefe) 83–110.
Wolff, J K, Warner, L M, Ziegelmann, J P, Wurm, S (2014) What do targeting positive views on ageing add to a physical activity intervention in older adults? Results from a randomised controlled trial. Psychology & Health 29: 915–932.