Gerd Rudolf:
Alterspsychotherapie: Rousseau als Patient(Abstract) (PDF)
Im psychodynamischen Verständnis von krankheitswertigen neurotischen und Persönlichkeitsstörungen werden heute neben dem Typus der posttraumatischen Störung vor allem konfliktneurotische und persönlichkeitsstrukturelle Störungen unterschieden. Zur Veranschaulichung einer strukturellen Störung wird eine literarische Selbstbeschreibung herangezogen, die Bekenntnisse von J.J. Rousseau. Sein umfangreicher Lebensbericht lässt den biografisch-sozialen Hintergrund seiner Störung ebenso deutlich werden wie dessen unterschiedliche Ausgestaltung in verschiedenen Lebensaltern. Therapeutische Überlegungen aus heutiger Sicht bilden den Abschluss, wobei insbesondere die Bearbeitung struktureller Störungen im höheren Lebensalter diskutiert wird.
Sophia M.V. Schneider, Christina Wunner & Christiane Waller:
Mentalisierung im Alter (Abstract) (PDF)
Mentalisieren ist das Vergegenwärtigen eigener und fremder mentaler Zustände. Es spielt sowohl bei der Affektregulation als auch in sozialen Interaktionen eine bedeutsame Rolle. Dieser Artikel behandelt die Frage, ob und wie sich die Mentalisierungsfähigkeit im Alter verändert und welche Auswirkungen dies auf den Alltag und das Wohlbefinden älterer Menschen hat. Dazu werden zunächst Studien beschrieben, die Mentalisierungsfähigkeit beziehungsweise Theory of Mind – ein verwandtes Konzept – empirisch an Stichproben älterer Menschen erfassen und mit der Leistung jüngerer Gruppen vergleichen. Anschließend werden Erkenntnisse zu ausgewählten Teilaspekten der Mentalisierung dargelegt und es wird auf Erkrankungen und Erlebnisse eingegangen, welche das Mentalisieren bei älteren Menschen beeinträchtigen können. Zudem wird diskutiert, welche Auswirkungen die gewonnenen Erkenntnisse auf den Alltag älterer Menschen haben und welche Möglichkeiten der Mentalisierungsförderung bestehen. Da die bisherigen Studien zur Mentalisierung im Alter lediglich Teilbereiche des Konstruktes untersuchen, wird abschließend die Durchführung von Studien empfohlen, die verschiedene Dimensionen der Mentalisierung an derselben Stichprobe älterer Personen erfassen.
Mareike C. Hillebrand, Nils F. Töpfer, Lisette Weise & Gabriele Wilz:
Psychotherapeutische Kompetenz in der kognitiven Verhaltenstherapie mit pflegenden Angehörigen von Menschen mit Demenz
Ergebnisse aus einer Implementierungsstudie (Abstract) (PDF)
Tele.TAnDem« ist eine kognitiv-verhaltenstherapeutische Intervention für pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz, für die in Wirksamkeitsstudien bereits positive Effekte nachgewiesen werden konnten. In der vorliegenden Arbeit wird die therapeutische Kompetenz in der Durchführung von »Tele.TAnDem« als wichtige Prozessvariable und Komponente der Behandlungsintegrität untersucht. Anhand von Daten aus einer Implementierungsstudie wurde die therapeutische Kompetenz von vier externen Ratern in 123 Therapiesitzungen (drei Sitzungen aus 41 Therapien bei 15 Therapeutinnen ) auf drei Dimensionen (Allgemeine Wirkfaktoren nach Grawe, Individualisierung der Therapie, therapeutische Grundhaltung) eingeschätzt. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Therapeutinnen nach einer einmaligen Schulung »Tele.TAnDem« mit hoher Kompetenz in etablierten Versorgungsstrukturen durchführen können. Die Kompetenz in der Individualisierung der Therapie hing mit einer signifikant geringeren Ängstlichkeit und tendenziell mit einem höheren emotionalen Wohlbefinden der pflegenden Angehörigen nach der Therapie zusammen. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Identifikation relevanter Faktoren für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Belastung pflegender Angehöriger sowie die Wichtigkeit der Auswahl und Umsetzung angemessener Interventionstechniken zur Veränderung dieser Belastungsfaktoren.
Freie Beiträge zum Themenheft
“Corona auf und jenseits der Couch”
Geriatric Psychotherapy: Rousseau as a patient(English Abstract)
Regarding treatment of neurotic and personality disorders nowadays psychodynamics primarily distinguish the posttraumatic type of disorder from conflict neuroses and conflicts rooted in the personality structure. Confessions, J. J. Rousseau’s literary description of himself, serves to illustrate such a structural disorder. His expansive life history illustrates the social-biographic roots of his disturbances and how he coped with them in different phases of his life. In conclusion, some therapeutic suggestions are developed from a present day perspective with a focus on the treatment of structural disorders at a higher age.
Mentalizing in old age (English Abstract)
Mentalizing is the process of representing one’s own and other people’s mental states. It plays a significant role in the regulation of emotions as well as in social interactions. This article deals with the question whether and how the ability to mentalize changes in old age and what effects this has on the everyday life and well-being of older people. To this end, studies will be described in which mentalizing ability or Theory of Mind – a partial aspect of mentalization – is empirically measured in samples of older people and compared to the performance of younger groups. Subsequently, findings on selected aspects of mentalization will be presented and diseases and experiences that can impair mentalization in older people will be described. Afterwards, the effects of the obtained results on the everyday life of elderly people shall be discussed and possibilities to promote mentalization will be outlined. Finally, an outlook will be provided on how mentalization could be more extensively covered in future studies on older people.
Psychotherapeutic competence in cognitive behavioral therapy with family caregivers of people with dementia.
Results from an implementation study (English Abstract)
»Tele.TAnDem« is a cognitive-behavioral intervention for family caregivers of people with dementia (PwD) for which positive effects have already been demonstrated. The present study investigates therapeutic competence in delivering the »Tele.TAnDem« intervention as an important variable of the therapeutic process and component of treatment integrity. Using data from an implementation study, therapeutic competence was rated by four external raters in 123 therapy sessions (three sessions from 41 therapies delivered by 15 therapists) on three dimensions (general change mechanisms sensu Klaus Grawe, individualizing/tailoring the therapy, interpersonal effectiveness). The results indicate that therapists are able to deliver the »Tele.TAnDem« intervention in established care provision structures with high competence following an eight-hour workshop as pre-intervention training. Therapeutic competencies related to individualizing/tailoring the therapy were associated with significantly lower anxiety and marginally significantly higher well-being after therapy. The findings underline the importance of identifying the relevant factors for the development and maintenance of caregiver burden as well as the importance of choosing and implementing the appropriate techniques for changing these factors.